Sommersymposium am Bezirksklinikum Mainkofen zum Thema Forensische Psychiatrie

v.li.: Prof. Dr. Johannes Hamann, Ärztlicher Direktor; Prof. Dr. Norbert Nedopil; Dr. Beate Eusterschulte, Dr. Islem Ganzoui, Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich, Uwe Böttcher, Krankenhausdirektor.
Am Mittwoch,16. Juli 2025, hat im Festsaal des Bezirksklinikums Mainkofen das „Sommersymposium“ stattgefunden, das in diesem Jahr das Thema „Forensische Psychiatrie“ behandelte.
Nachdem das Bezirksklinikum Mainkofen im Sommer 2024 im Rahmen eines Lockerungsmissbrauchs eines Patienten der Klinik für Forensische Psychiatrie bundesweit in die Schlagzeilen geraten ist, ist eine breite Aufarbeitung des Vorfalls im Klinikum erfolgt. „In diesem Zusammenhang wurde auffällig, dass in der öffentlichen Wahrnehmung kein klares Bild von Auftrag und Arbeitsweise des Maßregelvollzugs existiert. Mit diesem Symposium möchten wir den Blick eben auf die Fachlichkeit des Maßregelvollzugs in all ihren Facetten werfen. Denn je mehr die Öffentlichkeit darüber weiß, desto besser kann sie das Thema einordnen. Und das erleichtert schlussendlich auch unsere Arbeit in der Forensischen Psychiatrie“, erklärte Prof. Dr. Johannes Hamann, Ärztlicher Direktor, in seiner Begrüßung.
Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich warf in seiner Begrüßung ebenfalls einen Blick zurück auf das Ereignis im August 2024 und seine Folgen. „Ich kann mich noch sehr gut an die Diskussionen auch in meinem privaten Umfeld erinnern. Die Menschen konnten es nicht verstehen, warum man „den nicht einfach ewig wegsperrt“. Als ich dann die Gegenfrage stellte, ob man es denn für richtig fände, wenn jemand, der unter Drogeneinfluss oder wegen einer psychischen Erkrankung eine Straftat begangen hat, genauso behandelt würde, als wäre er ein gefährlicher Straftäter ohne eine solche Vorgeschichte, war die Reaktion plötzlich eine andere.“
Es sei ihm schnell klargeworden, dass die allermeisten Menschen nicht wirklich wüssten, dass unser Strafgesetzbuch hier einen Unterschied macht, so Dr. Heinrich. Es herrsche große Unklarheit darüber, was eine forensische Klinik sei und was „Maßregelvollzug“ eigentlich bedeute. Deshalb sei ein Symposium zu diesem Thema sehr wichtig. „Ich danke unserem Ärztlichen Direktor Prof. Johannes Hamann sehr dafür, dass er diesen Fachbereich heuer ins Zentrum rückt. Es ist gut und wichtig, dass wir gerade hier in Mainkofen, wo der letzte Sommer wegen der Vorfälle so schwierig war, aktiv sind, offen sind und nach vorne schauen.“
Den rund 160 Interessierten, darunter unter anderem Landrat Bernd Sibler, Richter, Mitarbeitende der beiden niederbayerischen Forensiken und des Amts für Maßregelvollzug, wurden in insgesamt fünf Vorträgen unterschiedliche Aspekte und Hintergründe des Maßregelvollzugs nahegebracht.
Den Anfang machte Prof. Dr. med. Norbert Nedopil, Abteilung für Forensische Psychiatrie, LMU Klinikum München, mit seinem aktuellen Blick auf die „Risikoeinschätzung in der forensischen Psychiatrie“ und der Frage, wie diese in die Behandlung integriert wird. Die Risikoeinschätzung sei eine wesentliche Voraussetzung für das Risikomanagement. Dabei erläuterte Prof. Nedopil seinen „Werkzeugkasten für Risikoeinschätzung und Risikomanagement, der die Aufgaben „Prognostische Einschätzung“, „Therapie“, „Lockerung“ und „Nachsorge“ umfasst. Der Auftrag an die Behandlung sollte immer lauten „Tu etwas, damit nicht auftritt, was Du befürchtest“, so Prof. Dr. Nedopil.
Im zweiten und dritten Vortrag folgten Einblicke in den aktuellen Entwicklungsstand der §§ 63 und 64 des Strafgesetzbuches (StGB). Zunächst erläuterte Dr.med. Beate Eusterschulte, Ärztliche Direktorin der Vitos Klinik für Forensische Psychiatrie in Gießen, den „State of the Art § 63 StGB“. Dr.med. Simon Rank, Leitender Oberarzt des Zentrums für Entlassvorbereitung und Forensisch-Psychiatrische Ambulanzen, Kliniken für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie am Bezirksklinikum Regensburg und am Bezirkskrankenhaus Parsberg, hatte „State of the Art § 64 StGB“ zum Thema. Zum Hintergrund: Patienten kommen auf Grundlage der §§ 63 und 64 des Strafgesetzbuches (StGB) in den Maßregelvollzug der forensischen Psychiatrie. Dabei regelt Paragraf 63 die Unterbringung von Personen, die aufgrund einer psychischen Erkrankung oder einer schweren psychischen Störung eine Straftat begangen haben. Paragraf 64 bezieht sich auf Personen, die im Zusammenhang mit einem Hang Drogen oder Alkohol zu konsumieren straffällig geworden sind.
Im zweiten Teil des Symposiums gab Prof. Dr. med. Joachim Nitschke, Ärztlicher Direktor Bezirkskrankenhaus Straubing, einen Überblick über das Thema „Sexueller Sadismus: Der Sargnagel in der forensischen Psychiatrie?“. Die Diagnose „sexueller Sadismus“ sei mit Vorsicht zu genießen und sollte objektiviert werden, so Prof. Dr. Nitschke. Bei einer Fehldiagnose würden wichtige therapeutische Aspekte ignoriert. Wichtig sei eine Versachlichung der Problematik, man müsse von der „Sargnageldiskussion“ wegkommen, so der Appell von Prof. Dr. Nitschke.
Den Abschluss des Symposiums bildete ein Erfahrungsbericht von Dr. med. Islem Ganzoui, Oberärztin, Leiterin der Kbo-Präventionsstelle Berg am Laim, München. Präventionsstellen sind ein Angebot für psychisch kranke Menschen mit Potenzial für Gewaltdelikte (§ 63 StGB) und agieren als Schnittstellen zwischen Allgemeinpsychiatrie und Forensischer Psychiatrie. Ziel ist die Verhinderung von Straftaten und damit auch der Opferschutz. Dr. med. Ganzoui erläuterte die Arbeit der Präventionsstelle anhand von konkreten Beispielen und berichtete, dass in vielen Fällen eine erfolgreiche Stabilisierung der Patienten und damit eine Verhinderung von Straftaten erfolgt sei.
18.07.2025
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