Kiffen bleibt trotz Legalisierung gefährlich

(v.li.): Wolfgang Andrusch, Prof. Katrin Liel, Siegfried Gift, Prof. Norbert Wodarz, Dr. Ute Blau, Tobias Zitzelsberger, Prof. Johannes Hamann; Foto: Alenfeld

„Kiffen ist ja legal, wie gefährlich soll das schon sein?“ Diese Meinung hat sich seit der Legalisierung von Cannabis vor gut einem Jahr weit verbreitet. Nun widmete sich das niederbayerische Suchtforum in Mainkofen dem Thema und viele interessierte Mediziner und Therapeuten folgten der Einladung der Veranstalter aus dem Bezirksklinikum Mainkofen. Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich begrüßte die Teilnehmer und betonte, dass die Nachfrage nach Therapieplätzen gerade bei Kindern und Jugendlichen schon heute sehr hoch sei. Insofern sei es wichtig, die Entwicklung im Zuge der Cannabislegalisierung genau zu beobachten.

Dass es deutliche Zusammenhänge zwischen der Zahl an Psychosen bei Jugendlichen und der Häufigkeit von Cannabiskonsum sowie der Höhe des THC-Gehaltes gibt, machte Prof. Norbert Wodarz, Chefarzt am Zentrum für Suchtmedizin der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Regensburg deutlich. Da die Gehirnreifung erst mit 25 Jahren abgeschlossen sei und Cannabiskonsum irreversible Schäden in dieser Zeit hervorruft, kritisiert er die Legalisierung scharf. Zumal die Bedingungen, die dafür notwendig wären (etwa eine Beschränkung des THC-Gehaltes auf unter 10 Prozent) und die die medizinischen Experten an die Bundesregierung damals herangetragen hatten, kaum berücksichtigt wurden. Demgegenüber steht ein hochlukratives „Cannabusiness“, das von hohen Erträgen gelockt wird. Während auf einem Quadratkilometer Anbaufläche Weizen rund 49.000 Euro einbringt, ist der Anbau von Cannabis mit über 42 Millionen Euro sogar noch gewinnbringender als der von Opium oder Kokain. Neben Alkohol und Tabak habe man nun eine dritte legale Droge – die Auswirkungen werde man in wenigen Jahren deutlich spüren, ist der Mediziner überzeugt. Schon heute zeigt der Deutsche Suchthilfebericht, dass die Zahl der Jugendlichen, die wegen Cannabis eine Beratung aufsuchen, einbricht, da die Meinung vorherrscht: „Es ist ja legal, ich hab doch kein Problem.“

Auf die Motive des jugendlichen Konsums ging Prof. Katrin Liel, Studiendekanin an der Fakultät für Soziale Arbeit der Hochschule Landshut ein. „Eltern sagen teilweise, wir haben ja früher auch gekifft“, machte sie deutlich, hob aber hervor: „Die Welt hat sich seitdem verändert, der THC-Gehalt ist viel höher geworden und die Motive des Konsums sind andere geworden.“ Heute greifen Jugendliche häufig zur Droge, weil sie ihre Probleme – wie etwa Einsamkeit – bewältigen wollen. „Damals hat man mit Freunden gekifft, heute, um Freunde zu finden.“ Katrin Liel hatte mit ihren Studenten in einer Studie junge Konsumenten befragt und das unter anderem als Motiv herausgestellt. Die Gründe zu kennen, sei wichtig, um passgenaue Interventionen anzubieten.

In dem dritten Vortrag des Nachmittags blickte Siegfried Gift, Abteilungsleitung Jugend-, Sucht- und Familienhilfe bei Condrobs e.V. in München, auf das Thema „Ausweitung des hochriskanten Konsums bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen“ – bezogen auf alle Substanzen, nicht nur auf Cannabis. Dabei machte Siegfried Gift besonders darauf aufmerksam, dass die konsumierten Stoffe sich im Laufe der Jahre deutlich verändert haben. Seit 2021 seien mehr Benzodiazepine und Opioide konsumiert worden. 2024 war Ketamin die am häufigsten genannte Substanz bei Einlieferungen ins Krankenhaus. Dabei beobachtet auch Condrobs e.V. ein verändertes Konsummotiv: Jugendliche hätten mit vielen Ängsten und Perspektivlosigkeit zu kämpfen. Durch den Konsum wollten sie sich betäuben, die Isolation besser ertragen und den Alltag vergessen. Umso wichtiger sei ein breit gespanntes Hilfenetz aus Angeboten wie Jugendsuchtberatung, Schulsozialarbeit, Jugendhilfe, pädiatrischer und jugend-psychiatrischer Versorgung. „Wir müssen die Jugendlichen durch niederschwellige Angebote ins System holen und auffangen“, so Siegfried Gift.

Text:
Manuela Lang, Bezirk Niederbayern
Christiane Alenfeld, Bezirksklinikum Mainkofen

 

05.06.2025

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